Umsatzsteuerliche Neuregelung für jPöR durch § 2b UStG
Die Finanzverwaltung definierte bisher den nicht steuerbaren Hoheitsbereich von jPöR relativ weit: Vermögensverwaltung durch jPöR wurde als nicht steuerbar gesehen. Auch Beistands-leistungen, die sog. Amtshilfe, wurde als nicht steuerbar anerkannt.
Nach bisheriger Rechtslage waren lediglich Tätigkeiten von jPöR steuerbar, soweit diese im Rahmen eines „Betriebs gewerblicher Art“ (BgA) ausgeübt wurden.
Ein BgA liegt bei Kommunen vor, wenn sie nicht nur typisch hoheitliche Funktionen wahrnehmen, sondern sich auch auf wirtschaftlichem Gebiet betätigen. Dabei orientiert sich Bewertung an der Frage, ob auch ein Privater die Tätigkeit gewerblich betreiben könnte.
Insoweit handelt es sich um ein rein auf steuerlichen Vorschriften basierenden Konstrukt:
Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 6 und § 4 KStG liegt ein unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtiger BgA vor, wenn es sich um eine Einrichtung handelt, die einer nachhaltigen, wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen dient. Gewinnerzielungsabsicht muss nicht vorliegen. Das Umsatzsteuerrecht folgte in seiner Anwendung dem Körperschaftsteuerrecht (§ 2 Abs. 3 Satz 1 UStG).
Die Finanzverwaltung konkretisierte dies dadurch, dass ein BgA immer dann vorliegt, wenn der Gesamtumsatz im Kalenderjahr € 30.678,00 übersteigt, wobei auch mehrere BgA einer jPöR möglich sind.
Beispiele für BgA sind die Entsorgung von Wertstoffen, die Vermietung und Verpachtung von Gaststätten und Sportstätten und der Betrieb von Tiefgaragen und Parkdecks.
In einer Reihe neuerer Urteile schränkt der BFH (V R 10/09 vom 15. April 2010 und V R 41/10 vom 10. November 2011) den sog. Hoheitsbereich jetzt deutlich ein und sieht hoheitliches Haneln nur noch dann für gegeben, wenn ein Handeln auf öffentlich-rechtlicher Grundlage vorliegt, ohne dass es zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommt:
• Mit Urteil vom 15. April 2010 sieht der BFH – im Gegensatz zur Steuerpflichtigen, einer Hochschule in der Rechtsform einer KdöR und zur Vorinstanz – in der Gestattung der Aufstellung von Automaten auf dem Hochschulgelände, der entgeltlichen Überlassung von Personal und der Überlassung von Sachmitteln an Hochschulbedienstete einen BgA und damit eine umsatzsteuerbare und auch umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit. Es fehlt lt. BFH an einer hoheitlichen Tätigkeit, vielmehr habe die Hochschule wie ein privatwirtschaftlicher Unternehmer gehandelt. Es liege auch keine nichtsteuerbare Vermögensverwaltung vor.
• Mit weiterem Urteil vom 10. November 2011 sieht der BFH – im Gegensatz zum Finanzamt und zur Vorinstanz – die entgeltliche und auch unentgeltliche Überlassung einer Sporthalle durch eine Kommune als unternehmerische und damit umsatzsteuerbare und auch umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit im Rahmen eines BgA. Die Überlassung erfolgt an örtliche Schulen, Sportvereine, einzelne Personen und Personengruppen und auch an andere Kommunen. Lt. BFH ist die Betätigung einer jPöR auf privatrechtlicher Grundlage immer unternehmerische Tätigkeit und auch die Betätigung auf öffentlich-rechtlicher Grundlage ist bei Wettbewerbsrelevanz unternehmerische Tätigkeit. Diese sieht der BFH aufgrund der EuGH-Recht¬sprechung als durch das Finanzgericht nicht berücksichtigt, weil „größere“ Wettbewerbs¬verzerrungen nur dann zu verneinen sind, wenn „die Behandlung öffentlicher Einrichtungen als Nichtsteuerpflichtige … lediglich zu unbedeutenden Wettbewerbsverzerrungen führen würde“.
Aufgrund der neuen Urteile des BFH und des EuGH ist der Gesetzgeber tätig geworden und hat eine Neuregelung der Umsatzbesteuerung von jPöR mit Wirkung ab dem 01. Januar 2016 mit Übergangsregelung bis 01. Januar 2017 und Optionsmöglichkeit bis 01. Januar 2021 umgesetzt. Während das Umsatzsteuerrecht für jPöR bisher auf das Körperschaftsteuerrecht abgestellt hat, bedeutet der neu eingefügte § 2b UStG eine eigenständige Regelung für jPöR. Für diesen ergeben sich nachfolgende Prüfungsschritte:
• Betätigt sich die jPöR auf privatrechtlicher Grundlage, gelten gem. § 2b Abs. 1 UStG die allgemeinen Reglungen des § 2 UStG für unternehmerische Bestätigung. Unternehmer sind jPöR auch bei Tätigkeiten i.S.d. § 2b Abs. 4 UStG (z.B. Tätigkeit der Notare im Landesdienst, Abgabe von Brillen und Brillenteilen durch Selbstabgabestellen der Sozialversicherungsträger, etc.),
• Betätigt sich die jPöR auf öffentlich-rechtlicher Grundlage im Rahmen der öffentlichen Gewalt gilt diese gem. § 2b Abs. 1 UStG nicht als Unternehmer. Ausgenommen davon sind Tätigkeiten und Leistungen, die zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen, was der Fall ist
o wenn die von jPöR im Kalenderjahr erzielten Umsätze für gleichartige Tätigkeiten voraussichtlich mindestens EUR 17.500 betragen oder
o wenn vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage Leistungen erbracht werden, die ohne Option i.S.d. § 9 UStG keiner Steuerbefreiung unterliegen.
• Sofern Leistungen von jPöR an andere jPöR ausgeführt werden, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen insbesondere aber nicht vor,
o wenn die Leistungen aufgrund Gesetz nur von jPöR erbracht werden dürfen oder
o wenn die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche Interessen bestimmt wird, was der Fall ist z.B. bei Leistungen,
die auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhen,
die dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen,
die ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden,
die der Leistende gleichartig im Wesentlichen an andere jPöR erbringt.
Fazit der Neuregelung der Umsatzbesteuerung:
Aus § 2b UStG folgt unter anderem, dass eine Vielzahl von Besteuerungsprivilegien von jPöR aufgehoben werden.
Im Gegenzug können aber unter Umständen erhebliche Liquiditätseffekte aus dem Vorsteuerabzug generiert werden.
Weiterhin wird jede Betätigung von jPöR auf privatrechtlicher Grundlage nunmehr als unternehmerisch eingestuft.
JPöR gelten weiterhin nicht als Unternehmer i.S.d. UStG, wenn sie Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt obliegen und die Nichtbesteuerung dieser Tätigkeiten nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt. Diese Regelung orientiert sich weitgehend am Art. 13 MwStSystR:
Folge dieser Regelung ist, dass insbesondere der Bereich der Vermögensverwaltung durch jPöR gegenüber privaten Rechtsträgern umsatzsteuerbar ist. Bezüglich der Umsatzsteuerpflicht sind jedoch die Steuerbefreiungen des § 4 UStG zu prüfen.
Begünstigte interkommunale Kooperationen können unter den Voraussetzungen des § 2b Abs. 3 UStG durchgeführt werden. Beim Leistungsaustausch zwischen jPöR ist zunächst zu prüfen, ob diese aufgrund gesetzlicher Regelungen nur von jPöR erbracht werden dürfen. Ist dies nicht der Fall, weil die Leistungen z.B. auch von einem privaten Dritten erbracht werden können, kann die Nichtsteuerbarkeit evtl. durch Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages nach den Vorgaben des Verwaltungsverfahrensgesetzes erfolgen, der ein nur kostendeckendes Entgelt vorsieht.
JPöR sollten sich zeitnah um steuerliche Unterstützung kümmern, da bzgl. der Anwendung von § 2b USTG bis Ende 2016 Entscheidungsbedarf besteht.
Wollen Sie mehr erfahren, scheuen Sie sich nicht mit uns Kontakt aufzunehmen.
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- Allgemein, BFH v. 10.11.2011, BFH v. 15.4.2010, jPöR, §2b UStG
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